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Was Aussteiger:innen nicht von Christ:innen hören möchten

Wenn Sprache Grenzen überschreitet: Der Umgang mit Aussteiger:innen.


Eine Frau streckt beide Arme aus und kreuzt ihre Hände als "Stop-Zeichen"

Für viele Menschen, die aus christlich-fundamentalistisch Gemeinden aussteigen, ist der Weg in ein unabhängiges Leben mit Schmerz, Zweifel und dem Prozess des Loslassens verbunden. Neben der inneren Auseinandersetzung werden Aussteiger:innen mit vermeintlich gut gemeinten, aber verletzenden oder abwertenden Äußerungen von Menschen konfrontiert, die selbst noch glauben. Zwar mögen einige dieser Sätze harmlos wirken, doch sie relativieren die persönliche Erfahrungen der Aussteiger:innen, erzeugen Druck oder leugnen die strukturellen Probleme innerhalb von Gemeinden.


In diesem Beitrag stelle ich einige der häufigsten Aussagen vor, die Aussteiger:innen nicht hören möchten – und erkläre, warum sie problematisch sind.


  1. "Ich bete für dich"


Warum ist dieser Satz problematisch?

Die Äußerung wirkt nicht wie eine liebevolle Geste, sondern impliziert moralische und spirituelle Überlegenheit. Sie wertet nicht nur die Entscheidung des Gegenübers ab, sondern reduziert ihn zum Objekt geistlicher Rettung. Dadurch entsteht subtiler Druck – die Botschaft wird als manipulativ erlebt.


  1. "Satan hat dich verführt"


Warum ist dieser Satz problematisch?

Indem der Ausstieg dämonisiert wird, wird die Person entmündigt. Ihr wird abgesprochen, rational denken und selbstständige Entscheidungen treffen zu können. Der Satz degradiert die Entscheidung zur Folge einer geistlichen Verirrung – nicht zu einem legitimen Akt persönlicher Freiheit.


  1. "Du hast ja sowieso nie richtig geglaubt!"


Warum ist dieser Satz problematisch?

Mit dieser Äußerung wird der Person die Echtheit ihres Glaubens abgesprochen – oft nach Jahren tiefer Hingabe, Zweifel und innerem Ringen. Sie entwertet die persönliche Glaubensgeschichte und unterstellt, der Ausstieg sei nicht das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, sondern bloß Ausdruck eines unzureichenden Glaubens.


  1. "Das ist eine Prüfung Gottes."


Warum ist dieser Satz problematisch?

Statt ihre Entscheidungen und Gedanken ernstzunehmen, werden die Aussteiger:innen als Spielball Gottes dargestellt. Gleichzeitig kann dieser Satz Schuld- und Versagensgefühle hervorrufen, da er suggeriert, jemand sei „nicht stark genug“, um diese angebliche Prüfung zu bestehen.


  1. "Wenn Gott wiederkommt, wirst du es bereuen."


Warum ist dieser Satz problematisch?

Viele Aussteiger:innen mussten die Angst vor der Hölle über Jahre hinweg mühsam aufarbeiten, um sich davon zu befreien. Solche Aussagen können diese Ängste und Schuldgefühle reaktivieren. Sie wirken wie eine Drohung – oder sogar wie stille Schadenfreude über das vermeintliche zukünftige Scheitern des anderen.


  1. "Es sind ja nicht alle (Frei-)Kirchen so."


Warum ist dieser Satz problematisch?

Diese Äußerung relativiert die persönlichen Erfahrungen von Aussteiger:innen und wertet ihr individuelles Erleben ab. Gleichzeitig verleugnet sie die strukturellen Probleme und Muster, die geistlichen Missbrauch in christlichen Gemeinschaften begünstigen.


  1. "Du wurdest eben verletzt und solltest vergeben."


Warum ist dieser Satz problematisch?

Dieser Äußerung beinhaltet eine Täter-Opfer-Umkehr. Sie löst Schuldgefühle aus und erzeugt spirituellen Druck, da Vergebung nicht als persönlicher Prozess verstanden wird, sondern als moralische Pflicht. Zudem wird die Entscheidung auszusteigen auf persönliche Kränkungen reduziert und damit entwertet.

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